Statement der Unterstützer_innengruppe bei der Pressekonferenz am 14.03.2014
(Pressekontakt zur Solidaritätsgruppe: 0043 688 64 41 60 34)
Wir solidarisieren uns mit den 8 Angeklagten und werden über die gesamte
Dauer des Verfahrens solidarische Prozessbegleitung und Unterstützung
leisten. Wir rufen alle solidarischen Menschen dazu auf sich an der
Prozessbeobachtung und den Solidaritätsaktionen zu beteiligen. Gründe
für eine solidarische Prozessbegleitung gibt es genug.
Die absurden Anschuldigungen sind eine gezielte Kriminalisierung und Diffamierung der
Refugee-Protestbewegung die die rassistische Politik und Alltagsrealität
in Österreich offen zu Tage treten hat lassen. Einige der Angeklagten
sind/waren auch bei der Refugee-Protestbewegung in Wien aktiv. Zu den
Verhaftungen und Anklagen kam es unmittelbar nach den Abschiebungen von
8 Aktivisten der Bewegung, die eine Welle des Protests und
Solidarisierungen mit den Refugees auslöste. Die ermittelnden SOKOs
bedienten sich der üblichen Überwachungsmethoden: Telefonüberwachung,
Anforderung von Vorratsdaten, Personenoberservationen und
Hausdurchsuchungen. Anwält*innen berichten von monatelanger intensiver
Überwachung und Aktenbergen voller Pauschalaussagen und Vermutungen. Als
Beweismittel für die Existenz und Wirkungsweise der angeblichen
kriminellen Vereinigung hat die Kriminalpolizei sogar einfach Passagen
aus Wikipedia in den Abschlussbericht kopiert. Das Konstrukt einer
“kriminellen Vereinigung” ist jedoch nichts anderes als eine Fiktion der
Behörden, könnte das Strafmaß allerdings erheblich erhöhen. Die U-Haft
wurde und wird seit Juli mit der rassistischen Argumentation der
“mangelnden Integration” aufrechterhalten.
Doch es geht überhaupt nicht darum, ob die Angeklagten, schuldig oder
unschuldig im Sinne der Anklage sind. Die Frage ist doch viel mehr mit
welchen Mitteln die staatlichen Repressionsbehörden hier arbeiten und
welche Rolle der sogenannte Schleppereiparagraph (§114 FPG) im
europäischen Grenzregime spielt. Dieses Grenzregime mit seinen zunehmend
militarisierten Grenzen weitet die Illegalisierung und Kontrolle von
Migration stetig aus und fordert regelmäßig Tote. Der
Schleppereiparagraph ist Teil dieses Regimes und kann aufgrund seiner
vagen Formulierung dazu benutzt werden jede Form der Unterstützung bei
einem irregulären Grenzübertritt zu kriminalisieren.
Ein System, in dem manche Menschen sich gar nicht “legal” bewegen
können, produziert erst Konstrukte wie “Schlepperei”, “Aufenthaltsehe”,
“Illegale Einreise” oder “illegalen Aufenthalt”. Ein irregulärer
Grenzübertritt ist unter gegebenen Bedingungen ohne Unterstützung kaum
möglich. “Schlepperei” wird so zu einer notwendigen Dienstleistung.
Denn eins ist klar: So lange es Menschen gibt, die – aus welchen Gründen
auch immer – gezwungen oder gewillt sind, Grenzen zu überwinden, diese
Grenzen aber für sie geschlossen werden, so lange brauchen diese
Menschen Unterstützung beim Grenzübertritt, solange wird es auch einen
Markt für kommerzielle Formen dieser Unterstüzung geben.
Der Paragraph ist nicht so formuliert, dass er unmenschliches Verhalten
juristisch verfolgen will. Sondern er kriminaliesrt Unterstützung beim
irregulären Grenzübertritt an sich. Die Bedingungen unter denen diese
stattfindet spielen im Paragraphen nur eine sekundäre Rolle. In erster
Linie sollen also durch den Paragraphen die Grenzen weiter dicht gemacht
werden.
Aus diesen Gründen ist der §114 Fremdenpolizeigesetz abzulehnen. In
diesem konkreten Fall wird deutlich, dass dieser Paragraph vor allem als
Mittel politischer Repression gegen Menschen eingesetzt wird, die sich
gegen das Grenzregime wehren.
Aus gegebenem Anlass: Weg mit §114 FPG!!
Weg mit den Grenzen! Migration muss ent-kriminalisiert werden!