(english below)
Der siebte Verhandlungstag beginnt mit etwas Verspätung mit der Befragung von drei Polizist_innen, welche bei einer Personenkontrolle am Bahnhof Wien Meidling dabei waren.
Die Zeug_innen geben an, dass sie jeden Tag am Bahnhof Wien Meidling Kontrollen durchführen, zum besagten Zeitpunkt vermehrt, weil damals vermehrt „illegale Grenzgänger“ von Ungarn nach Österreich angekommen seien. Auf die Frage, warum bestimmte Leute kontrolliert wurden und andere nicht, waren die Antworten durchwegs rassistisch: Sie würden „nicht wie Österreicher aussehen“, wären „nicht ordentlich gekleidet gewesen“. Der Grund warum andere nicht kontrolliert worden sind, meint ein Zeuge, wäre, weil er vom Aussehen her gewusste hätte, dass es keine „Illegalen“ waren, „das waren keine Personen in diese Richtung [deutet mit dem Kopf auf die Angeklagten]“. Der Zeuge gibt weiter an, dass er am bloßen Aussehen erkennen könne, wer ein Tourist, wer ein „Österreicher mit Migrationshintergrund“ und wer ein „illegaler Grenzgänger“ oder „Asylwerber“ ist.
Auf die Frage, wie die Polizisten auf die Idee gekommen sind, dass diese Personenkontrolle „etwas mit Schlepperei zu tun haben könnte“, antwortete der Zeuge, dass er „schon ein wenig Gespür für solche Amtshandlungen habe, ob das etwas mit Schlepperei zu tun hat“.
Bedauerlicherweise ist auch nicht von der Seite der Verteidigung weiter auf das offensichtliche „racial profiling“ eingegangen worden. Der ganze Fall – und wohl nicht nur dieser – basiert also auf persönlichen Einschätzung und „Gespür“ von Seiten der Polizei.
Anschließend wurden zwei weitere Dolmetscher (Vater und Sohn) einvernommen, welche für die Übersetzung der Telefonüberwachungen zuständig waren.
Es wurde gleich gar nicht geleugnet, dass Wörter wie „Schleppungswillige“ im Originalgespräch nicht vorkommen, weil es dafür auf Punjabi kein Wort gibt. Die Dolmetscher haben sich am Anfang der Ermittlungen aufgrund der Vorwürfe gegen die überwachten Personen darauf geeinigt, dass sie, wenn am Telefon von „Personen“ oder „Burschen“ die Rede ist, „Schleppungswillige“ übersetzen werden. Es wäre ja vom Kontext und von den Vorgesprächen her klar, dass es sich um „Schleppungswillige“ und nicht um „normale Leute“ (O-Ton des Dolmetschers) handle.
Es wurde auch offen zugegeben, dass sie, wenn sie nicht gewusst hätten, um welche Vorwürfe es sich handelt, anders übersetzt hätten. Dann hätten sie statt „Schlepperlohn“ nur „Lohn“ und statt „Schleppungswillige“ nur
„Leute“ übersetzt. Die Hinweise der Verteidigung, dass sie damit aber nicht bloß übersetzen, sondern interpretieren und dass das Übersetzungsfehler sind, sahen beide Dolmetscher bis zum Schluss nicht ein.
Sie gaben weiters an, dass ihre Aufgabe dezidiert war, „Schlepperrelevantes“ aus den Gesprächen zu filtern und teilweise Inhalte zusammenzufassen.
Auf die Frage, was „Unschuldsvermutung“ oder „Zweifelsgrundsatz“ (bzw. „Im Zweifel für den Angeklagten“) bedeuten würde, konnte zumindest der eine Dolmetscher gar keine, der andere nur eine nicht ganz richtige Antwort geben.
Zum Ablauf der Telefonüberwachung gaben die Dolmetscher an, dass sie sich oft zu mehrt in einem eigenen Raum für Telefonüberwachung befanden. Sie hatten dort die Möglichkeit, eingehende Telefonate direkt mitzuhören und „Schleppungsrelevantes“ direkt mündlich an die zuständigen Beamten weiterzuleiten. Übersetzt und verschriftlicht wurden die Gespräche im Anschluss (die Gespräche wurden aufgezeichnet und gespeichert), wobei es bei dem Computerprogramm möglich war, die Gespräche wiederholt oder langsamer abzuspielen. Die Identifikation der sprechenden Personen passierte über eine Liste der Polizei von den überwachten Nummern und über „Stimmerkennung“ durch den Dolmetscher. Wobei oft im Nachhinein Namen zu den Protokollen hinzugefügt wurden, wenn sich aus den Observationen dieser ergeben hat. Also, wenn eine Person noch nicht bekannt war, aber irgendwann einmal am Telefon ihren Namen (vollständig oder Spitzname) genannt hat, dann wurde dieser Name der Nummer (oder der Stimme) zugeordnet.
Die Dolmetscher hatten außerdem die Aufgabe bei Personenobservationen eingehende Gespräche der Zielpersonen mitzuhören und an die observierenden Beamten weiterzuleiten sowie Ergebnisse von Standortbestimmungen durchzugeben. Der eine Dolmetscher gab an, dass er von ca. 10-15 Observationen weiß.
Diese Zusammenarbeit zwischen Dolmetsch und Polizist_innen bei den Observationen kommt aus dem Akt nicht hervor, was bei der Verteidigung für Unmut und Überraschung sorgte.
Nachdem die Verhandlung schon bis 16:30 gedauert hatte und die Befragung des zweiten Dolmetschers noch nicht abgeschlossen war, wurde die Verhandlung trotzdem beendet und der Dolmetscher für den nächsten Verhandlungstermin noch einmal geladen.
Die Zeug_innenbefragung wurde den Angeklagten immer erst am Ende zusammenfassend übersetzt. Die Befragung des letzten Zeugen wurde noch gar nicht übersetzt, sondern wird am Ende der Einvernahme das nächste Mal gemacht werden.
***english version***
The seventh day of the trial began – with some delay – with the interrogation of three policemen and women, which were present at a security check in Vienna Meidling.
The witnesses indicated that they do controls at the train station in Vienna Meidlingen every day. At that time, they controlled more intensely because they said there was an increased number of “illegal border crossers” coming from Hungary to Austria at that point of time. In answer to the question of why certain people were checked and some not, the answers were consistently racist: they would “not look like Austrians” and “were not dressed properly .” The reason why others have not been checked, says a witness , was because he had had known from the appearance that they were not “illegal” These were not people of this kind [points with his head on the defendant.” The witness further states that he could see from the mere appearance, who is a tourist, who an “Austrian with a migration background ” and who is an “illegal border crosser” or “Asylum seeker”.
In answer to the question of how the police has come up with the idea that these checks “might have something to do with people smuggling”, the witness answered that he had “some sense of such acts, when something has anything to do with smuggling”. Unfortunately, the defense has not mentioned this obvious “racial profiling” any further. The whole case – and probably not only this one- is based on personal estimation and “sense” of the police.
Afterwards, two interpreters (father and son) were questioned. They were responsible for the translation of telephone-tapping.
It was not at all denied that words like “Schleppungswillige” (people who are eager to be smuggled) did not appear in the original conversation because there is no word for it in Punjabi. At the beginning of the investigation, the interpreters had agreed on this translation. On behalf of the allegations against the monitored persons, they agreed to translate the words “persons” or “boys” with the term “Schleppungswillige” which means people who are eager to be smuggled. They said it was clear from the context and from the preliminary talks, that these were people who were willing to be smuggled and not “normal people” (quote of the interpreter).
They also openly admitted that if they had not known the accusation, they would have translated differently. Then they would translated “wage” instead of “tug wage” or “smuggling wage” and merely “people” instead of “people who want to be smuggled”. The comment of the defense, that they have not simply translated but interpreted and that these were translation errors, has not been accepted by the interpreters.
They stated further that their task was to filter “smuggling-related” parts from the conversations and to partially summarize content.
To the question of what “presumption of innocence” or “principle of doubt” (“doubt benefits to the accused”) would mean, one of the interpreters could not give an answer. The answer of the second interpreter was not entirely correct.
The interpreters said about the telephone-tapping that they were often with several people in a separate room for telephone-tapping. They had the possibility to listen directly to in incoming calls and directly forward “smuggling-related” details to the officials. The conversations were recorded and stored. Afterwards, the conversations were translated and written down. With the computer program, it was possible to play the conversations more slowly or to repeat single parts. The people talking were identified by “voice recognition” of the interpreters and with a list of the police which showed the monitored telephone numbers. Names were often added to the protocols afterwards, when the name had resulted from the observations. That means if a person was not yet known, but mentioned his or her name or nickname, then this name was attached to the phone number (or voice). At individual monitorings, the
interpreter also had the task to listen to incoming calls of the target subject and forward them to the officials. They further had the task to forward results of position reckoning. One of the interpreters stated that he knows of about ten to fifteen observations.
This collaboration between the interpreters and the police in the process of observations is not clear from the file. It further surprised and resented the defense. After the trial had already lasted until 04:30 pm and the survey of the second interpreter was not yet completed, the trial was terminated. The interpreter was resummoned for the next hearing date.
The interrogation of the witnesses was always translated in summary for the defentants at the end. The survey of the last witness has not yet been translated. It will be translated at the end of the next hearing.