Die Einvernahme von zwei Beamt*innen, die bei einer Personenkontrolle auf einem Bahngleis dabei gewesen waren, verlief sehr routiniert. Die Beamt*innen gaben an, dass sie an diesem Tag zufällig eine Routine-Kontrolle ausgeführt hätten, sie machen laut eigenen Angaben bis zu 150 Personenkontrollen am Tag. Die für die Beamt*innen offensichtlich „fremdenpolizeilich kontrollierbaren“ Personen hatten teilweise keine gültigen Dokumente, stellten noch während der Amtshandlung einen Asylantrag. Diejenigen unter den Kontrollierten mit gültigen Dokumenten wurden von der Exekutiven für die Schlepper der „Illegalen“ gehalten. Warum? Das sei immer so, dass die Schlepper gültige Dokumente hätten. Auf Nachfrage, wie ausgesucht wird, wer am Bahnsteig kontrolliert wird: “Na, da bekommt man halt ein Auge dafür“. Und die Berufserfahrung. Trotz all dem scheint Racial Profiling keine Praxis zu sein, die im Gerichtssaal weiter thematisiert werden müsste – weder von der Vorsitzenden, noch von der Verteidigung.
Dann wurde Chefinspektor Korner einvernommen. Er betont gerne, dass er schon seit 12 Jahren im fremdenpolizeilichen Bereich arbeitet, ist seit der Gründung der SOKO Süd am 1. Jänner 2013 deren Leiter und war zeitweise Aktenführer im aktuellen Verfahren. Laut eigenen Angaben war er verantwortlich für die Koordination der Ermittlungen, organisierte den Austausch unter den Beamt*innen und führte die Dolmetscher*innen in den Sachverhalt ein. Erst bei den kritischeren Fragen der Verteidigung wird er zurückhaltender. „Das weiß ich nicht.“, „dazu kann ich nichts sagen“, „das müssen Sie Inspektor XY fragen“ werden zu Standard-Antworten. Inhaltlich widerspricht er sich vor allem bei heikleren Sachen, zum Beispiel als es um eine Vertrauensperson geht: nein, er wisse von keiner Vertrauensperson, doch, der ihm untergeordnete Bezirksinspektor Unger habe ihm von der Person berichtet, ja, die Stammdaten habe er, ob er sie ans Gericht weitergeben kann wisse er nicht, ob das denn mit Personen- und Datenschutz vereinbar sei?
Das soll das Gericht entscheiden, antwortet ein Verteidiger. Bei Fragen zu den Übersetzungsfehlern („Leute“ wurde zB. fast durchgehend mit „Schleppungswillige“ übersetzt) weicht er aus. Ja, er habe das mit den Dolmetscher*innen so besprochen, aber er müsse da ja den Dolmetscher*innen vertrauen. Eine Verteidigerin: „Die Interpretation der Faktenlage obliegt einer anderen Stelle, Ihre Aufgabe sind die Ermittlungen! Wenn „Leute“ mit „Leute“ übersetzt werden kann, müssen Sie sich nicht den Kopf zerbrechen darüber, wie das sonst übersetzt werden könnte.“ „Das ist eine schwere Verletzung der Unschuldsvermutung!“, so ein anderer Verteidiger.
Die Stimmung im Gericht ist angespannt, was die stickige Luft im Schwurgerichtssaal nicht besser macht. Die Richterin wirkt enttäuscht darüber, dass auch Chefinspektoren bei ihrer Arbeit pfuschen, ist trotzdem sehr rücksichtsvoll was das Wohlbefinden des Zeugen angeht. Gegenüber den Angeklagten wird sie durch die Verhandlung hinweg nicht müde, die Wichtigkeit von pünktlichem Erscheinen zu betonen – denn: Das zeugt von gegenseitigem Respekt.
Es wurde ein Termin für den 22. Juli anberaumt, voraussichtlich wird es dann im September weiter gehen. Dieses Schauspiel wird sich noch einige Zeit ziehen.