Der Sommertermin startete damit, dass die Richterin die Zuhörer_innen auf etliche Dinge hinwies, die während der Verhandlung verboten seien: Kommentare abgeben, lachen, stören, Tonaufnahmen machen, Laptop-Kabel anstecken, essen… Einzelpersonen sowie ganze Gruppe würde die Richterin aus dem Saal verweisen, wenn sie sich nicht daran halten.
Am Vormittag wurden fünf Zeug_innen befragt. Zwei davon waren wegen eines Vorfalles geladen, der in diesem Verfahren mitverhandelt wird, aber mit der Anklage wegen §114 FPG „Schlepperei“ nichts zu tun hat. Zwei Zeug_innen waren von der Internetplattform mitfahrgelegenheit.at, ihre Einvernahmen dauerten jeweils nur einige Minuten. Die fünfte Zeugin hatte Kontakt zu manchen von den Angeklagten, sie hatte nie etwas für die Anklage Relevantes mitbekommen. Continue reading
Prozessbericht vom 17. Verhandlungstag am 25. Juni 2014
Heute wurde die Einvernahme von Bezirksinspektor Rudolf Kranz fortgesetzt.
Im Großen und Ganzen war die Gesamtsituation ähnlich wie bei den ersten beiden Verhandlungstagen, wo er geladen war.
Heute wurde etwas genauer nach der Vertrauensperson gefragt, die als Ausgangspunkt für die Ermittlungen gehandhabt wird. Ob diese etwas versprochen bekommen hätte damit sie aussagt. Nein, nur dass sie anonym bleibt. Warum sie dann zu Polizei gehen sollte und solche Aussagen machen sollte? Weil sie es vielleicht nicht gut fand, dass da „Schlepperei“ passierte. Continue reading
Prozessbericht vom 16. Verhandlungstag am 24.06.2014
Am 16. Verhandlungstag sind zwei Zeugen geladen, sie sind beide anwesend und werden einvernommen. Bevor die Einvernahmen beginnen gibt die Richterin Petra Harbich noch bekannt, dass sie einen Dolmetscher ausgewählt habe, der ausgewählte Telefonmitschnitte aus den Ermittlungen neu transkribieren und übersetzen soll. Dieser Dolmetscher wohnt in Innsbruck, insgesamt gibt es in Österreich nur fünf Personen, die gerichtlich beeidet für Punjabi übersetzen dürfen. Diesem Dolmetscher soll angeordnet werden, dass er bei der Übersetzung nicht zu interpretieren habe. Während der Verhandlung hat sich bereits vielfach herausgestellt, dass dies bei den Übersetzungen der SOKOs gängige Praxis war und ist. Continue reading
Prozessbericht vom 14. Verhandlungstag am 17.06.2014
Bezirksinspektor Rudolf Kranz wurde heute einvernommen. Er verfasste einen der beiden Abschlussberichte, der drei der Angeklagten betrifft und in weiterer Folge der Ermittlungen mit dem Abschlussbericht von Gruppeninspektor Martin Unger chaotisch zusammengelegt wurde. Rudolf Kranz war zu dieser Zeit ebenso wie Martin Unger Mitarbeiter der Sonderkommission(Soko)-Schlepperei Süd. Kranz gab an, seit 1998 im Bereich “Fremdenrecht/Schlepperei” tätig zu sein. Die Argumentationen mit denen er Fehler der Soko-Beamten sowie der Dolmetscher*innen rechtfertigte, waren so gut wie ident mit denen von Martin Unger (siehe Protokoll vom neunten und zehnten Verhandlungstag). Seine Wortwahl war auch fast dieselbe. Er machte viele generelle Aussagen, wenn es aber um konkrete Punkte in diesem Verfahren ging, konnte er keine aussagekräftigen Angaben mehr machen.
Hingewiesen auf die tendenziösen Übersetzungsfehler verwies er stets auf die Dolmetscher*innen. Er müsse sich ja auf diese verlassen können.
Außerdem betonte er immer wieder, dass die Soko “Qualitätskontrollen” der Übersetzungen durchgeführt habe. Dabei sind den Beamt*innen offenbar keine “Mängel” aufgefallen. Der Dolmetscher allerdings konnte, wie sich im Zuge des Prozesses herausstellte, keine zwei Sätze die er selbst auf Deutsch übersetzt hatte auf Punjabi rückübersetzen. Kranz hatte dafür keine Erklärung und verwies erneut darauf, dass er ja – da er die Sprache selbst nicht könne – auf das Vertrauen zu den Dolmetscher*innen angewiesen sei. Continue reading
Prozessbericht vom 15. Verhandlungstag am 18.06.2014
Heute wurde die Befragung von Bezirksinspektor Rudolf Kranz, der während der Ermittlungen Sachbearbeiter bei der Soko Schlepperei Süd war, fortgesetzt. (Siehe auch Bericht vom 14. Verhandlungstag)
Am Anfang wurde Kranz nochmal auf die Übersetzung angesprochen. Er wiederholte immer wieder, was er am Vortag schon gesagt hatte, gab aber schließlich zu, dass die Übersetzung von „Leute“ mit „Schleppungswillige“ nicht korrekt ist.
Zur Struktur der Soko gab Kranz an, dass der operative Leiter der Soko CI Bernhard Korner war, der oberste Leiter war Gerald Tatzgern aus dem Innenministerium (BMI). Kranz selber war bei Besprechungen mit Tatzgern dabei, mit Gruppeninspektor Unger (siehe Prozessberichte vom 9. und 10. Verhandlungstag) habe er sich fast jeden Tag besprochen. Continue reading
Prozessbericht vom 13. Verhandlungstag am 16.06.2014
Heute waren die (BI) Jandrisevits und (GI) Stangl geladen, Beamte die vor allem in der Koordination und Verschriftung der Telefonüberwachung (TÜ) beteiligt waren.
Die Verhandlung heute fühlte sich wie eine Wiederholung der letzten Tage an. Viele Erinnerungslücken. Bei kritischen Fragen Verweise auf die anderen Beamten bis hin zum Hinweis der Verteidigung, dass der jeweilige Beamte im Zeugenstand den betreffenden Bericht ja unterzeichnet hat.
Interessanterweise werden die Lücken in den Ermittlungen und die dünnen Beweise auf die Dolmetscher_innen abgewälzt.
Im konkreten Fall: Es entscheiden die Übersetzer_innen, ob es sich bei Personen über die gesprochen wurde um illegalisiert Aufhältige handelt, ob eine Mitfahrgelegenheit für eine Schleppung kontaktiert wurde, ob am Telefon genannter Geldbetrag „Schlepperlohn“ ist. Zusätzlich dazu welcher Stimme welche Nummer zugeordnet wird und genau welche Person mit Mitr (Punjabi für Inder) oder Pathan (Punjabi für Afghane) gemeint ist. In diesen Sachen mussten die verantwortlichen Beamten sich ja ganz auf die DolmetscherInnen verlassen und können demnach zu etwaigen Widersprüchen nicht weiter befragt werden. Ob es Zweifel bezüglich der Qualifikationen der DolmetscherInnen gegeben habe? „Nun ja.. wenn die nicht ganz sattelfest waren.. haben die sich untereinander beratschlagt“ sagt (GI) Stangl dazu. Continue reading
Prozessbericht vom zwölften Verhandlungstag am 12.6.2014
Die Einvernahme von zwei Beamt*innen, die bei einer Personenkontrolle auf einem Bahngleis dabei gewesen waren, verlief sehr routiniert. Die Beamt*innen gaben an, dass sie an diesem Tag zufällig eine Routine-Kontrolle ausgeführt hätten, sie machen laut eigenen Angaben bis zu 150 Personenkontrollen am Tag. Die für die Beamt*innen offensichtlich „fremdenpolizeilich kontrollierbaren“ Personen hatten teilweise keine gültigen Dokumente, stellten noch während der Amtshandlung einen Asylantrag. Diejenigen unter den Kontrollierten mit gültigen Dokumenten wurden von der Exekutiven für die Schlepper der „Illegalen“ gehalten. Warum? Das sei immer so, dass die Schlepper gültige Dokumente hätten. Auf Nachfrage, wie ausgesucht wird, wer am Bahnsteig kontrolliert wird: “Na, da bekommt man halt ein Auge dafür“. Und die Berufserfahrung. Trotz all dem scheint Racial Profiling keine Praxis zu sein, die im Gerichtssaal weiter thematisiert werden müsste – weder von der Vorsitzenden, noch von der Verteidigung.
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Prozessbericht vom elften Verhandlungstag am 11.6.2014
Der elfte Verhandlungstag ist für Zeug_innen vorgesehen, die über die Internetplattform mitfahrgelegenheit.de Personen von Österreich nach Deutschland mitgenommen haben sollen.
Von den sechs geladenen Zeug_innen sind nur zwei erschienen. Die Einvernahmen dauerten nicht lange, es ging vor allem darum, zu erklären, wie die Plattform funktioniert und zwei konkrete Vorfälle zu besprechen. Die Mitfahrgelegenheiten sollen für andere Personen organisiert worden sein und diese zum Treffpunkt begleitet.
Schon um 10:10 war die Verhandlung beendet. Morgen werden Polizist_innen, die bei Festnahmen dabei waren, einvernommen. Continue reading
Prozessbericht vom zehnten Verhandlungstag am 23.05.2014
Die Einvernahme von Martin Unger wird fortgeführt. Der Zeuge ist Gruppeninspektor und Leiter der sogenannten “SOKO (Sonderkommission) Schlepperei Süd” des Landeskriminalamtes Burgenland die zum Thema “Schlepperei” ermittelt und vom Innenministerium eingesetzt ist. Er hat (wie gestern) eine große Tasche mit Akten dabei, zitiert zwischendurch aus den Telefonüberwachungsprotokollen und legt ebenso das am gestrigen (neunten) Prozesstag angekündigte Plakat mit den Verbindungen der überwachtenTelefone vor. Alle Angeklagten außer einer Person sind im Saal erschienen, diesmal kann nicht wieder über Unpünktlichkeit geklagt werden. Continue reading
Prozessbericht vom neunten Verhandlungstag am 22.05.2014
Heute wurde Gruppeninspektor Martin Unger einvernommen. Er hatte eine der wichtigsten Rollen bei der Konstruktion der Anklagschrift inne. Er schrieb für die Soko-Schlepperei einen der Abschlussberichte in Bezug auf fünf der acht Angeklagten, auf diesen stützt sich die gesamte Argumentation der Staatsanwaltschaft. Den zweiten wichtigen Abschlussbericht verfasste Bezirksinspektor Rudolf Kranz, der der nächste geladene Zeuge ist. Im Laufe der Vernehmung stellte sich heraus, dass die beiden erst getrennt ermittelten – Martin Unger für die Staatsanwaltschaft Wien und Rudolf Kranz für die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt – und die Akten später zusammengelegt wurden (das ist nur eine Erklärung für den extrem chaotischen Zustand der Akten). Fünf Stunden lang befragte nur die Richterin den Zeugen, morgen geht es mit den Fragen der Staatsanwältin und der Anwält*innen weiter. Continue reading