Das Referat für Menschenrechte und Gesellschaftspolitik der Österreichischen HochschülerInnenschaft Bundesvertretung hat sich mit folgendem Statement solidarisch zum Verfahren geäußert:
Das Menschenrechtsreferat der ÖH Bundesvertretung möchte im folgenden eine Stellungnahme des Referats zu dem als Fluchthilfe- oder auch “Schlepperei”-prozess verlesen.
Wir beschäftigen uns aus mehreren Gründen mit dem Prozess: Zum einen, weil Studierende auf uns zugegangen sind, die im Prozess und seine Umständen Menschenrechtsverletzungen sehen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Studierende, die sich ehrenamtlich engagieren und auch außerhalb bestehender Institutionen Missstände ankreiden, in diesem Vorhaben zu unterstützen.
Zum anderen, sind unter den in diesem Prozess verwickelten Geflüchteten auch solche, die ein Studium in ihrem Heimatland abrechen mussten oder gerne in Österreich studieren würden, auf Grund der bestehenden Asylgesetze aber keinen Hochschulzugang haben bzw es sich nicht leisten können. Zuletzt, sind sowohl im Prozess, als auch auch in dessen Medienberichterstattung immer wieder rassistische Vorurteile zu finden, Rassismus ist ein Thema, das uns tagtäglich verfolgt und jederzeit Widerstand notwendig macht.
Zum Prozess:
Die Angeklagten werden der Schlepperei bezichtigt. Ich zitiere von der Seite solidarityagainstrepression.noblogs.org: “Der Tatbestand Schlepperei (§114 FPG) bestraft Personen, die den illegalisierten Grenzübertritt von Personen fördern und dadurch Einnahmen machen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. (..) “Fördern” kann wie auch die Rechtssprechung schon bewiesen hat, nahezu jede Tathandlung bedeuten:
Das Anbieten von Übernachtungsmöglichkeiten ebenso wie das Kaufen von Zugtickets, eine Autofahrt oder das Weitergeben von Informationen, die den Grenzübertritt erleichtern.” Der passendere Begriff wäre daher eigentlich Fluchthilfe, (ein Blick in die Geschichte kann zeigen wie die Begriffe synonym von der jeweiligen politische Lage abhängig verwendet wurden) und umfasst jede kleine Handlung, die dazu beiträgt, dass Menschen ihre Flucht überleben. Gesetze wie dieses führen Tragödien wie die vor Lampedusa herbei.
Über den Prozess und seine Fehler:
Es sind Mängel und grobe Auslassungen bei den Übersetzungen durch Dolmetscher_innen festzustellen. Sogar der Richterin fiel auf, dass Übersetzungen zeitlich wesentlich kürzer waren als die Originalaussage und dementsprechend nicht mit diesen übereinstimmen konnten. Telefonprotokolle wurden falsch zugeordnet. Beispielsweise wurde telefonische Weitervermittlung von Jobs sowie das Verteilen von Zeitungen durch eine fehlerhafte Übersetzung als Vermittlung von “Schleppereijobs’/Fluchthilfejobs” misinterpretiert.
Der vermeintliche Anfangs-Zeitpunkt der Abhörung (von Telefongesprächen) steht im Widerspruch zu den Zeitpunkten der ersten Festnahmen. Die vor Gericht und in den Akten angegebene Begründung für einzelne Festnahmen stimmt nicht überein mit den Aussagen von Refugees, denen andere Festnahmegründe erzählt wurden. Außerdem führte mangelndes Wissen über die Umstände von Flucht und Migration zu falschen Annahmen in der Verhandlung, die nun bis zum 6. Mai vertagt wurden ist. Bis zu diesem Datum wurden die Geflüchteten zwar ‘enthaftet’, dies bedeutet aber noch keinen Freispruch und kann auch die acht Monate, die sie in Untersuchungshaft verbracht haben nicht ungeschehen machen.
Allgemein lässt sich festhalten: der Prozess stellt ziemlich offensichtlich eine Fortführung der Kriminalisierung der Refugeeproteste dar. Er erinnert sowohl an die Operation Spring Ende der 90er als auch an den Tierschützer_innenprozess. Wir möchten deshalb an dieser Stelle zu Solidarität mit den Angeklagten aufrufen. Wir werden versuchen, weiterhin zu einer kritischen Prozessbeobachtung beizutragen und andere Studierende bei diesem Vorhaben zu unterstützen.
Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall!
Migration und Protest dürfen nicht kriminalisiert werden!
zitiert von: http://www.oeh.ac.at/#/organisation/referate/referat-fuer-menschenrechte-und-gesellschaftspolitik/