Prozessbericht vom 35. Verhandlungstag am 28. Oktober 2014

Langsam aber doch, scheint sich der Prozess in Richtung Ende zu bewegen.
Es wurde bis jetzt so gut wie jedes abgehörte Telefongespräch im Prozess auf irgendeine Art und Weise thematisiert (die Richterin hat es erwähnt, die deutsche Übersetzung vorgelesen oder das Original abgespielt und oft die Angeklagten zu ihnen befragt). Nur die Anklagepunkte VV und XX fehlen noch. In den folgenden Tagen werden wahrscheinlich noch von der Polizei später nachgereichte Aktenteile behandelt und die Beweisanträge der Verteidigung stehen noch aus.

Heute wurden zwei Beweisanträge gestellt. Zum einen beantragte der Anwalt des 4. Angeklagten die Ladung eines Zeugen, um zu Beweisen das die Hilfestellungen des Angeklagten unentgeltlich waren und der Grenzübertritt nicht rechtswidrig war. Zum anderen stellte sich heute mal wieder heraus, dass einige der Telefonate, die den Angeklagten zugeordnet wurden, gar nicht von ihnen geführt wurden. Für den Fall, dass der Schöff*innensenat dem keinen Glauben schenkt, beantragten mehrere Anwält*innen einen Stimmenvergleich. Interessante Übersetzungsfehler kamen auch mal wieder ans Licht. So war in einer Übersetzung der Polizei von dem Wort „Jalal“ die Rede. Die Gerichtsdolmetscher bestätigten jedoch, dass eigentlich von „Yunan“ gesprochen wurde. „Yunan“ ist ein Name für Griechenland und interessant ist, dass sich die Ermittlungseinheit der Soko Schlepperei „Yunan“ nennt. Trotzdem wurde das Wort nicht im Gespräch wiedererkannt. Der Übersetzungsfehler ist übrigens irrelevant für das Verfahren, weil keiner der Angeklagten die sprechende Person war. Mal wieder fällt eines der belastenden Telefonate weg.
Noch ein Schmankerl aus vom heutigen Tag: Richterin: “Geht es in dem Gespräch um die Ein- oder Weiterreise von Personen oder um die Anzeige beim Finanzamt und einen Mullah? Antworten Sie mit ja oder nein.”
– Ja.
Alle bis auf ein Angeklagter waren heute anwesend und über den Tag verteilt zwischen fünf und neun solidarische Prozessbeobachter*innen.
Hoffentlich werden das bei den nächsten Verhandlungstagen mal wieder mehr!