Author Archives: solidarity against repression

Prozessbericht vom achten Verhandlungstag am 21.05.204

Der heutige Prozesstag startete wieder mal mit 45 Minuten Verspätung, da es Beeinträchtigungen im Zugverkehr gab – anscheinend in den Augen der Richterin ein legitimer Grund fürs Zuspätkommen, im Gegensatz zu Krankheitsfällen. Vor den Einvernahmen forderte die Richterin potenzielle Zeug*innen auf, den Raum zu verlassen. Eine Person, die ebenfalls wegen Schlepperei angeklagt ist, wurde des Saales verwiesen, da sie als Zeuge geladen wird. Dafür durften zwei Polizist*innen weiterhin im Publikum bleiben, trotz Aufforderung von Seiten der Verteidigung, den Grund der Observation bekanntzugeben – warum sie dem Prozess beiwohnen, bleibt weiterhin unklar. Es befinden sich ca. 15 solidarische Prozessbeobachter*innen im Publikum, die sich immer wieder lautstark bemerkbar machen. Continue reading

Prozessbericht vom siebten Verhandlungstag am 07.05.2014 / Process report from the seventh day of the trial on the 7th of May, 2014

(english below)

Der siebte Verhandlungstag beginnt mit etwas Verspätung mit der Befragung von drei Polizist_innen, welche bei einer Personenkontrolle am Bahnhof Wien Meidling dabei waren.

Die Zeug_innen geben an, dass sie jeden Tag am Bahnhof Wien Meidling Kontrollen durchführen, zum besagten Zeitpunkt vermehrt, weil damals vermehrt „illegale Grenzgänger“ von Ungarn nach Österreich angekommen seien. Auf die Frage, warum bestimmte Leute kontrolliert wurden und andere nicht, waren die Antworten durchwegs rassistisch: Sie würden „nicht wie Österreicher aussehen“, wären „nicht ordentlich gekleidet gewesen“. Der Grund warum andere nicht kontrolliert worden sind, meint ein Zeuge, wäre, weil er vom Aussehen her gewusste hätte, dass es keine „Illegalen“ waren, „das waren keine Personen in diese Richtung [deutet mit dem Kopf auf die Angeklagten]“. Der Zeuge gibt weiter an, dass er am bloßen Aussehen erkennen könne, wer ein Tourist, wer ein „Österreicher mit Migrationshintergrund“ und wer ein „illegaler Grenzgänger“ oder „Asylwerber“ ist. Continue reading

Prozessbericht vom sechsten Verhandlungstag am 06.05.2014

Nach über einem Monat Pause ging der Prozess, heute etwas verspätet, wieder weiter.

Aus gesundheitlichen Gründen konnte einer der Angeklagten heute nicht erscheinen. Die Richterin drohte ihn aus dem Verfahren auszuscheiden, da dem Anwalt noch keine schriftliche Bevollmächtigung vorlag, die es ihm erlaubte die Verteidigung in Abwesenheit des Mandanten weiterzuführen.
Telefonisch wurde dies jedoch gleich nachgeholt, der Übersetzer bestätigte die mündliche Vollmacht. Trotzdem ließ die Richterin eine Streife zur Meldeadresse des abwesenden Angeklagten fahren um diesen zu überprüfen. Sie ließ die Verhandlung für 10 Minuten unterbrechen um sich mit den Schöffen darüber zu beraten, ob der erkrankte Angeklagte aus dem Verfahren ausgeschieden werden sollte. Nein, wurde er nicht, er ist weiterhin Teil des Verfahrens. Continue reading

Statement by some of the accused

This statement was written by some of the accused persons.

On tuesday, the 6th of may, our trial will continue.
There are a lot of mistakes in the “Anklageschrift” of our case, so
the trial had to be stopped after five days.
Who is responsible for our eight months in prison?
How can we explain the situation of our criminalization to our families? We lost a lot of family members while we were not allowed to contact them. The father of one person died, of one other the brother – everyone of us lost dear ones.
And this is human rights in Austria? Sometimes we feel like human rights
only apply for Austrian people here. Why are all the prisons full of
nun-Austrians?
Nine months after our arrest all of us were released. But this is only a
small success. One and a half month we were outside of prison, but in
reality we don’t feel free. The civil police is following us all the
time, searching for us and controls what we are doing. This is why our
mind is feeling like a second prison. We are confused and we understand
that it will not stop that the state and the police want to make us
criminals.

When we got released we felt very happy, but now the time is running
until we have to face the court again. It is very difficult to feel
treated fairly and as humans after so many months in prison, without
contact to our families, with many losses and all this investigation
going on. But we are strong!
We hope the judge will give us justice.

Aufruf zu solidarischer Prozessbeobachtung im “Schlepperei”-Fall

Der Prozess gegen acht Personen, denen “Schlepperei im Rahmen einer
kriminellen Vereinigung” (FPG §114) vorgeworfen wird, wird am Dienstag,
dem 6. Mai, fortgeführt.

Die Angeklagten wurden im Sommer von Polizei und
„Schlepperei“-Sonderkommissionen gefangen genommen und bis zu 8 Monate
in Untersuchungshaft festgehalten. Am 17. März 2014 begann die
Verhandlung im Landesgericht Wiener Neustadt.

Nach vier Verhandlungstagen wurde der Prozess Ende März vertagt und die
sich noch in U-Haft befindenden Angeklagten entlassen. Die Akten müssten
neu sortiert werden, die Beweislage sei zu uneindeutig und die weitere
Inhaftierung unangemessen, hieß es von Richterin und Staatsanwaltschaft.
Doch damit ist der Prozess nicht beendet – im Gegenteil!
13 weitere Prozesstage im Mai und Juni stehen nun fest.

Die Angeklagten freuen sich weiterhin über solidarische
Prozessbeobachtung und andere solidarische Aktionen!
Kommt zum Wiener Neustädter Gericht, schreibt Soli-statements, zeigt
eure Unterstützung.
Wir würden uns freuen, wenn am 6. Mai wieder besonders viele Leute zum
zweiten Prozessauftakt kommen, doch auch für jeden folgenden Termin ist
solidarische Prozessbeobachtung wichtig.

Die Kriminalisierung von “Grenzübertrittsdienstleistungen“ ist Ausdruck
eines kapitalistischen Grenzregimes, in dem nur wenige das Recht haben,
Grenzen zu überschreiten und andere illegalisiert und ausgeschlossen werden.

No Border – No Nation! – Support Migration!

Bei Fragen, Spenden, Rückmeldungen :
solidarityagainstrepression@riseup.net

solidarityagainstrepression.noblogs.org

MIGRATION ENT-KRIMINALISIEREN! DE-CRIMINALIZE MIGRATION!

(english below)
Solidarität mit den nach § 114 FPG (“Schlepperei“) Angeklagten!
DEMO gegen Repression – 3. Mai 2014 / 14 h / Wien (Karlsplatz) / Migration ent-kriminalisieren! Poster
Solidarity with the accused under law § 114 FPG (“Schlepperei”/“Human Smuggeling“) !
Demonstration against repression 3. may 2014 / 14 h / Vienna (Karlsplatz) / De-criminalize migration! Poster
Facebook-Event

Gegen die Kriminalisierung von Refugee-Protest
Im Sommer 2013 wurden acht Personen – einige von ihnen Aktivisten der Refugeebewegung – festgenommen. Diese repressiven Maßnahmen fanden unmittelbar nach den brutalen Abschiebungen von anderen Refugeeaktivisten nach Pakistan statt. Durch das medial kolportierte Bild des “grausamen Schleppers” gelang es, die relativ großen Proteste gegen diese Abschiebungen zu schwächen, da die Bewegung in den Augen vieler delegitimiert war. Bereits wenig später stellten sich die absurden Geschichten, die durch die Medien gingen (Millionengewinne der “Schlepper”, Grausamkeiten gegenüber “Geschleppten”), als Lüge bzw. gezielte Diffamierung heraus. Was übrig bleibt, ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass für Personen ohne Papiere Zugtickets gekauft und Mitfahrgelegenheiten kontaktiert worden wären. Dennoch saßen die Angeklagten bis zu 9 Monate in U-Haft, bis sie am 5. Verhandlungstag Ende März enthaftet wurden. Im Vorfeld wurden unzählige Telefone überwacht und private Wohnungen sowie das Servitenkloster – zu diesem Zeitpunkt die Basis der Refugeeproteste in Wien – durchsucht. Continue reading

Statement zur aktuellen Öffentlichkeit für den „Schlepperei“-Fall

Seit der Vertagung des “Schlepperei”-Prozesses und den Enthaftungen aller Angeklagten wird die Fadenscheinigkeit der Anklageschrift und die dünne Beweislage durch die Medien hindurch breit thematisiert. Es scheint, als sei der Hinweis auf die übermotivierte Staatsanwaltschaft und eine problematisch ausdehnbare Gesetzeslage erst seit der Reaktion der Richterin eine relevante Information. Dass die Öffentlichkeit der österreichischen Justiz erst kritisch gegenüber steht, wenn die Gerichte ihre eigene Gerichtsbarkeit in Zweifel ziehen, spricht für sich.
Die Erkenntnis, dass die Grundlage für diesen Prozess aus unverhältnismäßigen Hochrechnungen, schwammigen “Erfahrungswerten” und Konstruktionen von “kriminellen Vereinigungen” seitens der SOKO-Beamt_innen besteht, ist nicht der Richterin zu verdanken. Ihre Entscheidung, den Prozess zu vertagen, um die Beweislage neu aufarbeiten zu können, und alle Angeklagten aus der U-Haft zu entlassen, war ihre einzige Möglichkeit, das Gesicht der österreichischen Justiz zu wahren und eine größere Blamage zu umgehen. Continue reading

Prozessbericht vom fünften Verhandlungstag am 27.03.2014

Auch der fünfte Prozesstag beginnt mit einer Überraschung: Die Staatsanwältin beantragt die Enthaftung der sechs Angeklagten, die seit acht (!) Monaten in Untersuchungshaft sind. Sie kommt damit den Anwält_innen zuvor, die ebenfalls die Enthaftung der Angeklagten beantragt hätten. Die Richterin gibt dem Antrag statt und unterbricht die Verhandlung für etwa eine Stunde. Am Ende dieser Stunde begeben sich die Angeklagten – so die Wortwahl der Richterin – “freiwillig wieder in den Verhandlungssaal”, zum ersten Mal ohne “Begleitung” von Justizwachebeamten und auch ohne Handschellen. Continue reading

Betroffene des “Schlepperei”prozess-Skandals aus U-Haft entlassen!

Heute, am 27.03.2014, dem fünften Verhandlungstag, wurden sechs von acht Angeklagten im Schlepperei-Prozess aus der U-Haft entlassen! Zwei von den Angeklagten sind schon im Jänner freigelassen worden. Aufgrund der dürftigen und, wie sich im Laufe der Verhandlung gezeigt hat, chaotischen Aktenlage, hat Richterin Petra Harbich dem Antrag der Staatsanwältin auf Haftentlassung stattgegeben. Die Angeklagten können nun nach einer 8-monatigen U-Haft zu ihren Freunden und Freundinnen zurückkehren. Weiters wurde von der Richterin der Prozess bis zum 06. Mai 2014 vertagt. ‘Das Beweisverfahren ist, so wie es geplant war, nicht durchzuführen’ merkte die Richterin am gestrigen Verhandlungstag an. Nach der alten Prozessordnung wäre nun eine Rückführung der Akten an die Untersuchungsrichterin geplant, dies sehe die neue Prozessordnung jedoch nicht mehr vor. Die Verhandlung wird am 06. Mai um 9 Uhr fortgesetzt.

Prozessbericht vom vierten Verhandlungstag am 26.03.2014

Der vierte Verhandlungstag begann mit einer Überraschung: Die Richterin gab bekannt, dass sie nach dem nächsten Verhandlungstag den Prozess auf unbestimmte Zeit vertagen wird, da es in den Polizeiakten Faktenidentitäten gibt, bzw. sich die Anklagepunkte teilweise überschneiden. Deswegen kann das Beweisverfahren, wie sie es sich vorgestellt hatte, nicht durchgeführt werden. Sie macht darauf aufmerksam, dass nach der alten Strafprozessordnung so eine Anklageschrift an den_die Untersuchungsrichter_in zurückgehen würde. Nachdem sich die Prozessordnung geändert hat, wird nun die Richterin die Anklageschrift überarbeiten. Wie lange das dauern wird, ist unklar. Sobald die überarbeitete Version fertig ist, werden neue Verhandlungstage ausgeschrieben. Continue reading